4 Best Practices für erfolgreiche Churn-Prevention-Projekte

by
Kira Lenz
July 14, 2022

Für Unternehmen, die im B2C-Bereich aktiv sind und dabei längerfristig mit ihren Kunden in eine Beziehung treten, ist die Kündigungsrate ein entscheidender Faktor für den Geschäftserfolg. Wandern mehr Kunden ab, als neue dazu kommen, bedeutet das über Kurz oder Lang das Aus. Ebenso ist es kritisch, wenn die Gewinnung neuer Kunden sehr kostenintensiv ist und Kunden sich erst nach einer längeren Beitrittszeit (z.B. Versicherungsmitgliedschaft, Abonnement, etc.) finanziell rentieren. 

Stellt man als Unternehmen fest, dass auf diesem Gebiet der Churn-Prevention Handlungsbedarf besteht, ist eine gründliche Analyse des Problems unerlässlich, bevor Maßnahmen ergriffen werden. Für viele Unternehmen hat sich der Einsatz von Machine-Learning-Modellen zur Identifikation der wechselgefährdeten Kunden (Churn-Prediction) und zur Bestimmung der optimalen Gegenmaßnahmen bewährt. In einem Projekt entwickeln Daten- und Businessexperten gemeinsam auf Kundendaten basierende, passenden Machine-Learning-Modelle, die dann den gewünschten Output generieren. 

In unseren Projekten haben sich einige Vorgehensweisen als Schlüssel zum Erfolg erwiesen. Diese Best Practices wollen wir an dieser Stelle mit Ihnen teilen, damit Sie ideal für Ihr Projekt vorbereitet sind. 

1) Die passende Datengrundlage für Churn-Analytics und -Predictions

Für erfolgreiche Churn-Vorhersagen ist es entscheidend, dass Sie prüfen, ob Sie ausreichend und zudem passende Daten entlang der Customer-Journey erfassen, um diese verstehen und nachvollziehen zu können. 

Prüfen Sie die Grundlage unbedingt so früh wie möglich. Falls Korrekturen oder Veränderungen am Datenmodell notwendig sind, ist es besser, diese zu Beginn erkannt zu haben. 

Relevante Daten betreffen hierbei u.a.:

  • den Kauf-/ Bestellungs-/ Vertragsabschlussprozess (Häufigkeit, Point of Sale, des Nutzerflows, Zeiten, Vertrags- oder Abonnementswechsel etc.)
  • Bestellabbrüche (Erfassung generell, des Zeitpunktes im Nutzerflow, …)
  • Erfassung von Produkten in Warenkörben oder auf Listen, die jedoch nie gekauft wurden
  • Service- und Supportkontakte (Zeitpunkt, Grund, Form, Folgemaßnahmen), insbesondere Beschwerden (Anzahl, Grund, Häufigkeit)
  • Retouren und Stornierungen (Anzahl, Grund, Häufigkeit, Zeitpunkt)
  • Bestellwerte und Warenkorbvolumen, bzw. gewählte Tarife und Zahlungen
  • Webseiten-Interaktionen (Klicks, Verweildauer, Feedback)

Auch statische Daten, üblicherweise Kundenstammdaten, sind relevant, allerdings genügen diese sehr selten, um das Kündigungsverhalten präzise vorherzusagen. Werden wenige oder keine solcher Interaktionsdaten erfasst, empfehlen wir, einen Schritt zurück zu gehen. Befragungen von kündigenden Kunden können in kürzerer Zeit mehr Transparenz über Gründe verschaffen. Für die langfristige Perspektive lohnt es sich, gemeinsam mit Ihren Daten- und IT-Teams die entsprechenden Strukturen aufzusetzen. Das umfasst die Definition der relevanten Daten, Planung der Datenerfassung und -speicherung, die technische Implementierung sowie iterative Verbesserungen. 

2) Das passende Projektteam zusammenstellen

Neben den Daten selbst sind die Beteiligten der zweite Schlüsselfaktor. Für Churn-Prediction-Projekte gilt das gleiche, wie für die allermeisten Data-Science- (und Data-Analytics-)Projekte auch: Auf die Mischung kommt es an. Für ein erfolgreiches Data-Science-Projekt werden Data-Scientists (bzw. Data Analysts), Businessexperten und das IT-Team benötigt. Während Erstere für die Daten und Technologien zuständig sind, sind Zweitere essentiell, damit die fachliche Welt korrekt abgebildet wird. Enorm wichtiger Input des Business-Teams umfasst beispielsweise:

  • Hypothesenentwicklung für Churn-Gründe
  • Korrekte Abbildung der Kundenreise in den Daten (Wie ist der Flow? Welche Prozesse werden z.B. nur unter besonderen Umständen relevant? Wie ist das Vorgehen bei z.B. Beschwerden? 
  • Beisteuerung von Restriktionen/Regeln/Einschränkungen: Sollen bestimmte Kundengruppen von der Analyse ausgeschlossen werden? Gibt es für Kundengruppen andere Kündigungsvorschriften?
  • Definition des benötigten Output-Formats: Sollen sehr personalisierte Maßnahmen für selektierte Kunden ergriffen werden? Sollen großflächigere Maßnahmen ergriffen werden?

Auf allen drei Seiten – also Business-Team, Data-Team, IT-Team – muss sichergestellt sein, dass die Personen genug Kapazitäten für das Projekt aufbringen können. 

Zu guter Letzt: Da es sich bei Kundendaten um schützenswerte Daten handelt, sollten Sie unbedingt rechtzeitig Datenschutzbeauftragte miteinbeziehen.  

3) Wichtige Aspekte bei der Planung von Churn-Projekten

Wie bereits im vorherigen Punkt angedeutet: Data-Science-Projekte allgemein erfordern Engagement und Ressourcen. Logischerweise nicht gleich viel von allen Beteiligten, und dennoch sollte im Vorhinein sichergestellt werden, dass die Ressourcen wirklich verfügbar sind.  

Für Planung der Aufwände selbst ist ein kleiner, und doch relevanter Erfahrungswert aus unseren Projekten: Kundendaten liegen sehr, sehr häufig fragmentiert vor. Das heißt, dass verschiedene der oben genannten Daten in verschiedenen Systemen liegen. Das steigert nicht nur den Aufwand, all diese Daten zu besorgen, sondern kann zusätzlichen Aufwand bei der Harmonisierung verursachen. Gegen die Fragmentierung selbst lässt sich im Rahmen dieses Projektes selbst wenig tun, aber planen Sie für die Datenbeschaffung und -harmonisierung etwas Puffer ein. 

4) Fokussieren Sie das Projekt auf das Ziel

Insbesondere bei Churn-Analysen haben wir die Erfahrung gemacht, dass viele interessante Aspekte und Zusammenhänge ans Licht kommen. Das führt schnell dazu, dass das Projekt „abgelenkt wird“: Eine gewonnene Erkenntnis kann leicht mehrere weitere, interessante und untersuchungswürdige Fragen aufwerfen. Darum ist unser Rat: Beginnen Sie das Projekt mit einer spezifischen Idee bzw. einem konkreten Ziel und verfolgen Sie diese bis zum Ende. Wenn die Anfangsfrage lautet: „Welche Kunden werden wahrscheinlich in den nächsten drei Monaten kündigen?“, bleiben Sie an der Beantwortung dran. Die Frage: „Welche Maßnahmen passen für diesen Kunden am besten?“ ist ebenfalls spannend und sehr relevant, aber machen Sie einen Schritt nach dem anderen. Vorteile sind, dass Ihr Team mit gebündelten Kräften schnell zu besseren Ergebnissen kommen wird und ihr Team beim Folgeprojekt bereit von den gemachten Erfahrungen profitiert.  

Dieser Rat ist übrigens sowohl aus der globalen Perspektive (dem Projekt als Ganzen), als auch aus der Detailperspektive (für einzelne Data-Science-Schritte) gültig. 

Es ist ratsam, bei der Datenmodellierung und auch beim Feature-Engineering für das Machine-Learning-Modell mit einem Kerndatensatz aus den relevantesten Informationen zu starten. Anschließend kann man sich dann auf weitere, detaillierte Daten fokussieren, wenn sich diese als vielsprechend erwiesen haben.

Das globale Ziel eines solchen Projektes sollte immer den späteren Nutzer der Lösung fokussieren. Nur Prediction-Modelle, die den Anwendern einen realen Mehrwert bringen (in Ergebnisform und Qualität), haben eine gute Chance auf Etablierung. Für ein optimales Ergebnis müssen Daten-Teams und Business-Teams gemeinsam diskutieren, was möglich ist und was benötigt wird. Wird z.B. eine Telefonkampagne geplant, sollte eine Ergebnisliste keine Kunden beinhalten, die dem Kontakt per Telefon widersprochen haben. Eine mangelnder Fit zwischen Ergebnis und Maßnahme kann also im Worst Case also sogar fatale Folgen haben. 

Wir konnten ebenfalls beobachten, dass bei Projekten ohne realen Anwendungsfall das Engagement häufig kleiner ist und diese Projekte leider eher scheitern. 

Fazit: Churn reduzieren – Kinderspiel oder Mammutaufgabe?

Diese nicht ganz ernst gemeinte Frage lässt sich natürlich mit einem „Weder-noch“ beantworten. Mit einer guten Planung kann eine Machine-Learning-Projekt zur Gewinnung von Churn-Predictions ein sehr guter Weg sein, um langfristig Kosten zu senken und Gewinne zu steigern. Im Kern sind diese Projekte anderen Business- oder Datenprojekten ähnlich, unterscheiden sich jedoch im Ablauf bestimmter Phasen und deren Aktivitäten. Damit einher gehen einige Best-practices, die wir hier für Sie zusammengefasst haben. Wenn Sie Fragen haben, welche Aspekte Ihr Team bei Ihren individuellen Gegebenheiten beachten sollte, schreiben Sie uns jederzeit gern!

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