In zahlreichen Projekten tauchen zahlreiche Fragen auf. Unsere häufigsten haben wir hier für Sie gesammelt und grundlegend beantwortet:
Übersicht
- Eignet sich mein Use-Case für eine Churn-Prediction?
- Was sind Erfolgsfaktoren für so ein Projekt?
- Wie kann ich einen Business-Case für Churn-Analyse bzw. Prediction berechnen?
- Was sind häufige Scheiterungsgründe für Churn-Projekte?
- Ist eine KI immer die beste Lösung für Churn-Vorhersagen?
- Welche KI-Algorithmen kommen für Churn-Prediction in Frage?
- Wie viel Präzision kann ich bei den Vorhersagen erwarten?
- Wie sähe ein Pilotprojekt/Proof-of-concept für Churn-Prevention aus?
- Welche technischen Grundlagen müssen existieren, um Churn-Analysen und Churn-Predictions zu erstellen?
- Wie identifiziere ich passende Maßnahmen, um Kunden vom Kündigen abzuhalten?
1) Eignet sich mein Use-Case für eine Churn-Prediction?
Wie gut Ihr Use-Case für Churn-Analysen und -Predictions geeignet ist, hängt ganz grundlegend von zwei Aspekten ab: von der Art der Kundenbeziehung und von den erfassten Daten.
Churn-Prevention bringt meistens dann einen Mehrwert, wenn Kunden mit dem Unternehmen in einer längeren Beziehung stehen und einen dauerhaften finanziellen Wert bringen. Andernfalls lohnt sich häufig der Aufwand von Anti-Churn-Maßnahmen nicht. Die längere Kundenbindung ist außerdem der Schlüssel zum zweiten Kriterium: Es ist wichtig, dass Sie über Daten aus der Customer-Journey verfügen, z.b. Kündigungsdaten, Vertragsenddaten, Kontakthistorie und sämtliche Berührungspunkte. Sehr schwierig wird es, wenn die Kundenhistorie gar nicht nachvollzogen werden kann.
Ein weiteres K.O.-Kriterium kann Datenüberschreibung sein. Das könnte zum Beispiel eine Kontaktform sein: Endet z.B. eine Kontaktanfrage über ein Webformular in einem Telefonat, sollte beides in den Datensätzen auftauchen und nicht nur die letzte Form, also das Telefonat. Fehlen Zwischenschritte, wird das Machine-Learning-Modell falsche Rückschlüsse ziehen, “falsch” lernen und keine richtigen Vorhersagen generieren können.
2) Was sind Erfolgsfaktoren für so ein Projekt?
Erfolgsfaktoren sind für jedes Projekt verschieden. Als generelle Schlüsselfaktoren haben sich die folgenden herauskristallisiert:
- Holen Sie das richtige Team an Bord. Es sollte eine Mischung aus Businessexperten und Datenexperten fassen. Binden Sie außerdem das IT-Team, den Datenschutz, etc. frühzeitig ein.
- Wählen Sie einen relevanten, machbaren Use-Case aus, der Ihren Mitarbeitenden einen realen Mehrwert bietet. Das fördert das Engagement und die spätere Adaption. Formulieren Sie für den Use-Case ein konkretes Ziel. Das verhindert Abschweifungen und “sich aufblähende, endlose Projekte”.
- Prüfen Sie die Datengrundlage frühzeitig, unbedingt bevor Sie mit der Datenmodellierung beginnen. Werden Daten aus der Kundenhistorie, insbesondere Interaktionsdaten, nicht erfasst, sollte das im ersten Schritt geändert werden.
Mehr dazu finden Sie auch hier in unseren Best Practices für Churn-Prevention-Projekte.
3) Wie kann ich einen Business-Case für Churn-Analyse bzw. Prediction berechnen?
Für die Berechnung von Business-Cases im Allgemeinen werden den aktuellen Kosten die Summe aus zukünftigen Einsparungen und notwendigen Investitionen gegenübergestellt.
Im Bereich Churn können auf der Seite der aktuellen Kosten z.B. stehen:
- Entgangene Einnahmen: “Ein Kunde bringt 30€ Einnahmen im Monat. Bei monatlich 1.000 Kündigungen entgehen uns 360.000 € pro Jahr.”
ODER
- Ausgleichende Investitionen um die Abwanderung durch Neuakquise zu egalisieren: “Um 1.000 Neukunden jeden Monat zusätzlich anzuwerben, müssen wir 60 € pro Kunde in Sales und Marketing investieren. Das macht im Jahr 720.000 €.”
Dem gegenüber stehen künftige Einsparungen, wenn Churn-Prediction und -Prevention genutzt wird.
- reduzierte entgangene Einnahmen: “Ein Kunde bringt 30€ Einnahmen im Monat. Bei monatlich nur noch 500 Kündigungen entgehen uns 180.000 € pro Jahr, also 180.000 € weniger als zuvor.”
ODER
- Reduzierte ausgleichende Investitionen: “Um nur noch 500 Neukunden jeden Monat zusätzlich anzuwerben, müssen wir 60 € pro Kunde in Sales und Marketing investieren. Das macht im Jahr 360.000 € statt 720.000 €.”
UND
- Kosten eines Churn-Projekts: Diese können stark variieren - so hängen sie z.B. von der existierenden Infrastruktur, der Datengrundlage, deren Qualität und den Aktitiväten ab, die das Unternehmen selbst übernimmt. Gehen wir in diesem Beispiel von 30.000 € aus. (Für individuelle Einschätzungen schreiben Sie uns einfach!)
- Interne Kosten für ein Churn-Projekt: Auch diese variieren stark und hängen maßgeblich vom beteiligten Team, dessen Größe und der existierenden Dateninfrastruktur ab. Gehen wir in diesem Beispiel von 5.000 € aus.
- Kosten für Churn-Maßnahmen: “Um 500 von 1000 wechselgefährdeten Kunden zu halten, müssen wir 10 € pro Kunde und Monat als Rabatt investieren. Das macht im Jahr 60.000 €.”
Insbesondere langfristig rentieren sich Churn-Projekte, wählen Sie also ein passendes Zeitfenster, dass Ihre Argumentation unterstützt aber nicht verschleiernd wirkt.
4) Was sind häufige Scheiterungsgründe für Churn-Projekte?
Die 3 typischsten Ursachen sind:
- fehlende, unpassende Datenbasis mit unzureichender Datenqualität oder überschriebenen Daten
- Ungenügende Datenvorbereitung: Datenbereinigung (Data Cleaning) und Transformation entscheiden maßgeblich die Aussagekraft des finalen Modells und sollten sehr gründlich durchgeführt werden
- fehlende Akzeptanz bei den Nutzern oder mangelhafter Lösung-Nutzer-Fit: die Lösung ist einfach nicht gut geeignet um im realen Betrieb verwendet zu werden
Weitere Risiken sind zum Beispiel Probleme mit dem Datenschutz oder der Berechtigung zur Datenverarbeitung, zu komplexe Datenbereitstellung und mangelhafte Planung und zu wenig verfügbare Ressourcen. Wir unterstützen Sie gerne von Anfang bis Ende bei der Planung und der Umsetzung!
5) Ist eine KI immer die beste Lösung für Churn-Vorhersagen?
Nein, ein Machine-Learning-Modell (was meistens mit KI gemeint ist) ist nicht für jedes Unternehmen und jede Fragestellung die beste Wahl. Vielleicht stellt sich bei der zuvor durchgeführten Churn-Analyse heraus, dass es einen sehr spezifischen Kündigungsgrund gibt, der andersartig gelöst werden kann. Ein anderes Szenario wäre, dass es eine handvoll klar definierter Risikofaktoren gibt, auf welche die Kundenbasis effizienter direkt gefiltert werden kann. In solchen Fällen ist grundsätzlich der Aufwand der Pflege der Künstlichen Intelligenz dem zusätzlichen Nutzen gegenüber zu stellen.
6) Welche KI-Algorithmen kommen für Churn-Prediction in Frage?
Diese Frage ist so pauschal nicht zu beantworten. Klassischerweise kommen bei der Churn-Prediction Survival-Analysen, lineare Modelle oder Regressions- bzw. Klassifikationsalgorithmen in Frage (diese häufig auch als sogenanntes Ensemble, also einer Kombination mehrerer Modelle). Je nach Größe der Datengrundlage sind einige Modelle nicht möglich (z.B. Classification and regression trees, CARTs, erfordern mehrere Zehntausend Datensätze als Grundlage; neuronale Netze tendenziell noch mehr). Auch die Daten, die Sie über Ihre Kunden haben, sind entscheidend. Einige Modelle arbeiten besser mit kategorischen Werten (also z.B. Wohnorten, Geschlecht, etc.) als andere.
Diese Frage kann üblicherweise nach der Analyse-Phase eingegrenzt werden auf die vielversprechendsten Ansätze. Diese können dann verprobt und verglichen werden.
7) Wie viel Präzision kann ich bei den Vorhersagen erwarten?
Niemand kann zu Beginn eines Projektes eine Präzision des finalen Machine-Learning-Modells garantieren. Die Aussagekraft hängt maßgeblich von der Datenqualität und den in den Daten abgebildeten Informationen ab. Fallen Sie also nicht auf billige Versprechen herein.
Die Herausforderung bei Churn-Predictions ist, den kleinen Prozentsatz der kündigenden Kunden von der großen Menge der nicht-kündigenden zu unterscheiden. Diese Dysbalance (z.B. 2% Kündigende versus 98% Nicht-Kündigende) macht es schwer, Merkmale der Churn-gefährdeten zu identifizieren, weil es sehr wahrscheinlich ist, dieselben Merkmale auch in der deutlich größeren Gruppe der Nicht-Churnenden zu entdecken.
Die Präzision ist nun einmal trotzdem entscheidend, ob ein Machine-Learning-Modell am Ende für Ihr Team überhaupt nutzbar ist. Unsere Empfehlung ist daher, frühzeitig gemeinsam mit den Fachabteilungen und dem Datenteam zu diskutieren, welche Anforderungen an ein Ergebnis bestehen. Das Datenteam kann dementsprechend Schwerpunkte bei der Optimierung setzen. Ist absehbar, dass eine sehr gute Performance nicht erreicht wird, muss die Fachabteilung eventuell umdenken. Für sehr kosten- und arbeitsaufwendige Churn-Maßnahmen sollte die Genauigkeit natürlich sehr hoch sein, allgemeinere und günstigere Maßnahmen wären in diesem Falle eine Alternative.
8) Wie sähe ein Pilotprojekt/Proof-of-concept für Churn-Prevention aus?
Wenn Sie nicht sicher sind, ob ein Projekt zur Churn-Prediction auf Ihren Daten machbar ist, oder ob Churn-Prevention Sie bei der Erreichung Ihrer Business-Ziele unterstützt, können Sie erst einmal mit einem Pilotprojekt oder einem Proof-of-concept (PoC) beginnen. PoCs sollten schneller, experimenteller und unkomplizierter hinsichtlich des Setups sein.
Basierend auf einer sehr konkreten Fragestellung werden die Daten häufig über Dateiexporte (z.B. als CSV) in einer flexiblen Umgebung erkundet und bereinigt. Nach der Modellierung werden die Resultate ebenso unkompliziert als Datei exportiert. Mit den Ergebnissen wird, entsprechend der initialen Fragestellung, dann beispielsweise eine Maßnahme verprobt und evaluiert.
Solche PoCs sind deutlich günstiger als ganzheitliche Einführungen und dauern bei gutem Einsatz wenige Wochen.
9) Welche technischen Grundlagen müssen existieren, um Churn-Analysen und Churn-Predictions zu erstellen?
Die absolut grundlegende Anforderung ist, dass Ihr Unternehmen Kundendaten (Stammdaten und Interaktionsdaten) strukturiert erfasst. Die Software, die Sie nutzen, spielt weniger eine Rolle, wichtig ist, dass Sie an die darunterliegende Datenbank kommen. Falls Daten als Datei exportiert werden, wird ein für das Datenteam zugänglicher Speicherort benötigt.
Für die weiteren Schritte wie das Aufsetzen einer Data-Science-Umgebung, Datenprozessierung und Data-Science-Aktivitäten gibt es ausgezeichnete, schnell aufzusetzende Open-Source-Tools. Ist Ihr Unternehmen also noch nicht in einer Cloud-Plattform, ist das definitiv kein Hinderungsgrund für Churn-Prevention-Projekte. Wenn Sie Fragen haben, wie so eine Umgebung bei Ihnen gestaltet werden könnte, schreiben Sie uns gern für ein kostenloses Erstgespräch!
10) Wie identifiziere ich passende Maßnahmen, um Kunden vom Kündigen abzuhalten?
Die Königsfrage der Churn-Prevention - welche Maßnahmen sollten ergriffen werden? Wahrscheinlich hat Ihr Team zahlreiche Ideen. In der Datenanalyse-Phase von Churn-Projekten ergeben sich aus gewonnen Einsichten häufig Anhaltspunkte für die Priorisierung der möglichen Maßnahmen. Ein Beispiel aus der Energiewirtschaft: Kündigen viele junge Erwachsene aus klassischen Tarifen, aber weniger aus “grünen” Tarifen, kann ein Rabatt bei Wechsel in einen Öko-Tarif ein wirksames Mittel sein um diese Kundengruppe zu halten. Clustering-Analysen sind sehr hilfreich für die Entwicklung von Ideen und Priorisierungen.
Wir haben uns nach besten Wissen und Gewissen bemüht, diese Fragen hier allgemein zu beantworten. Dennoch ist es natürlich immer möglich, dass die Fragen in Ihrem individuellen Fall anders oder mit Einschränkungen beantwortet werden müssen! Darum sprechen Sie gerne direkt mit uns und wir beantworten Ihre Fragen ganz konkret.